Souverän führen: Tipps für neue Führungskräfte

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Souverän führen, wer möchte das nicht. Die Übernahme einer Führungsrolle ist mit vielen Herausforderungen verbunden, insbesondere in der ersten Führungsposition, wenn Vorstellungen und Glaubenssätze mit der neuen Aufgabe auf die Probe gestellt werden. Nicole Ruckser, Vorstandsmitglied der Österreichischen Vereinigung für Supervision und Coaching (ÖVS), spricht über verbreitete Mythen aus der Führungspraxis und betont vor allem die Bedeutung einer reflektierten und authentischen Herangehensweise.

Die Vorstellung über die erste Führungsposition und die tatsächlichen Anforderungen, vor allem im Hinblick auf Mitarbeiter:innenführung und Rollengestaltung, weichen oft voneinander ab. „Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass Führung ein komplexes Feld ist, das laufende Selbstreflexion erfordert“, erklärt die Expertin. „Indem man die eigenen Glaubenssätze über Führung überprüft und gegebenenfalls daran arbeitet, kann man dazu beitragen, auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten und gemeinsam Ziele zu erreichen.“

Souverän führen: 5 Tipps von Nicole Ruckser

Nicole Ruckser, Vorstandsmitglied der ÖVS  Foto: © Andrea Peller

Souverän führen – Mythos #1: „Als Führungskraft muss ich alle Probleme meiner Mitarbeiter:innen lösen“

Führungskräfte haben oft das Gefühl, generell alle Probleme lösen zu müssen, die ihnen seitens ihrer Mitarbeiter:innen zugetragen werden. Dies führe laut Ruckser zu einer Überlastung der Führungskräfte, die zusätzlich zu ihrem eigenen Verantwortungsbereich auch noch den ihrer Mitarbeiter:innen übernehmen. Anstatt zu delegieren, nehmen sie Kolleg:innen damit die Chance, aus Erfahrungen zu lernen und selbst zu entscheiden. „Eine Aufgabe von Führung ist, den Rahmen zur Verfügung zu stellen, in dem das Team bzw. die Mitarbeiter:innen entscheiden und sich weiterentwickeln können“, so Ruckser. Statt alles gleich selbst zu lösen, bewährt sich die Frage: „Was brauchen Sie von mir, um diese Entscheidung treffen zu können?“

Souverän führen – Mythos #2: „Als Führungskraft muss ich jederzeit für alle erreichbar sein.“

Führungskräfte müssen Prioritäten setzen und die eigenen Aufgaben sowie die Aufgaben des Teams im Auge behalten. Jederzeit erreichbar zu sein, um im Zweifel gleich alles zu lösen, schafft Abhängigkeiten und gleichzeitig eine Vorbildwirkung, die dasselbe von den Mitarbeiter:innen verlangt. Nicht alles ist dringend und muss gleich besprochen werden. Das gilt auch, wenn man im Büro anwesend ist. „Führungskräfte müssen keineswegs immer verfügbar sein und alle Fragen und Anliegen sofort bearbeiten“, sagt Ruckser. „Es ist vollkommen in Ordnung, einen Anruf nicht sofort anzunehmen oder gar das Telefon in einem Meeting auszuschalten.“ Indem man Gespräche terminiert und Räume dafür schafft, kann man sicherstellen, dass man die eigenen Prioritäten im Auge behält und trotzdem ein offenes Ohr für die Anliegen der Mitarbeiter:innen hat. Darüber hinaus sollte man die Hoheit über den eigenen Terminkalender behalten und sich von der Vorstellung verabschieden, dass man an allen Meetings teilnehmen muss, zu denen man eingeladen wurde.

Souverän führen – Mythos #3: „Ich muss alles dafür tun, gemocht zu werden“

Wer sich als neue Führungskraft nicht unbeliebt bei seinen Mitarbeiter:innen machen möchte, erhöht natürlich die Wahrscheinlichkeit, von allen gemocht zu werden. Dies gehört allerdings nicht zu den Aufgaben, die eine Führungskraft erfüllen muss. Wichtiger ist laut Ruckser, ein Arbeitsverhältnis auf Augenhöhe aufzubauen, in dem transparent und wertschätzend kommuniziert wird und allen Beteiligten klar ist, auf welche Ziele gemeinsam zugearbeitet wird. „Es ist ein gefährlicher Ansatz, alles dafür tun zu wollen, von den Mitarbeiter:innen gemocht zu werden. Manchmal müssen Entscheidungen getroffen werden, die zwar im Sinne des Unternehmens und der gemeinsamen Zielerreichung sind, jedoch einzelnen Interessen entgegenstehen“, erklärt Ruckser. „Führungskräfte befinden sich in einer ‚Sandwich-Position‛ zwischen Interessen der Organisation und Interessen von Teams und Mitarbeiter*innen. Es gehört zum Führungsalltag, mit diesen Spannungen umzugehen.“ Im Coaching kann an diesem Spannungsverhältnis und möglichen Handlungsoptionen für die Führungskraft gearbeitet werden.

Mythos #4: „Meine Mitarbeiter:innen müssen in alle Entscheidungen involviert werden“

Ein differenziertes Verhältnis zu den unterschiedlichen Möglichkeiten der Partizipation und dem Einsatz in unterschiedlichen Kontexten ist für Führungskräfte unerlässlich. Partizipation bedeutet nicht, dass jede/r in alle Entscheidungsprozesse involviert sein muss. Vielmehr scheint es logisch, gemeinsam mit den Mitarbeiter:innen zu überlegen, welcher Grad an Delegation bzw. Partizipation für welche Bereiche nützlich ist, um der gemeinsamen Zielerreichung näher zu kommen. So wird z.B. eine schnelle Entscheidung nicht im Konsens getroffen werden können. „Partizipation heißt nicht immer, dass alle mitentscheiden. Es macht einen Unterschied, ob ich die Meinung meiner Kolleg:innen einhole und danach selbst entscheide oder mein Team berate und ihnen die Entscheidung mitsamt der dazugehörigen Verantwortung überlasse.“

Mythos #5: „Als Führungskraft muss ich alles alleine schaffen“

Zusammenfassend rät Ruckser angehenden Führungskräften, ihre Glaubenssätze über Führung zu überdenken und die eigene Rolle von Anfang an regelmäßig zu reflektieren. Eine neue Führungsrolle kann gerade für junge Menschen sehr herausfordernd sein. Der Glaube daran, dass alle anderen das mit links bewältigen und man selbst damit nicht klarkommt, hindert Führungskräfte oft daran, sich Hilfe zu holen oder Schwierigkeiten anzusprechen. „Dabei ist das, wie in allen anderen Positionen auch, wichtig, um dauerhaft gesund und leistungsfähig zu bleiben. Der Austausch mit Kolleg:innen ist hier ebenso entscheidend, wie eine Perspektive von außen durch Supervision und Coaching. Das stärkt und unterstützt junge oder wenig erfahrene Führungskräfte dabei, mit diesen Herausforderungen umzugehen und die neue Rolle erfolgreich zu meistern“, so Ruckser abschließend.

Über die Österreichische Vereinigung für Supervision und Coaching

Die Österreichische Vereinigung für Supervision und Coaching (ÖVS) ist der österreichische Berufsverband für Supervision und Coaching. Weitere Informationen finden Sie unter www.oevs.or.at