Rollenspiele stoßen bei Seminar-Teilnehmern oft auf Widerstand. Dabei birgt diese Art des Trainings viel Potenzial. Hier die wichtigsten Tipps, damit das Spiel Wirkung zeigt. Von Thomas Ferenc Dodner
Jeder, der schon einmal auf einem Seminar war, kennt Rollenspiele. Sie sind ein wichtiges Tool zur Steigerung des Lerntransfers, dennoch nerven sie die meisten Teilnehmer. Warum das so ist, lässt sich durch das folgende Beispiel leicht nachvollziehen.
Gewitzter Trainer mimt den Kunden, Teilnehmer hat die Kamera und seine Arbeitskollegen im Blickfeld, sollte aber authentisch wirken und gleichzeitig seine beste Performance abliefern. Denn danach gibt´s die Videoanalyse mit peinlichen Standbildern. Wie viele Teilnehmer sind für solche Trainingseinheiten zu motivieren?
Rollenspiele sind unbestritten eine effektive Trainingsmethode. So wertvoll sie als Trainingsinstrument sind, so bringen sie doch auch zumeist Nachteile mit sich: Die direkten und indirekten Kosten, die Zeit- und Ortsgebundenheit sowie die aktive Teilnahme durch alle Lernenden. Dazu kommt die Scheu der introvertierten oder unerfahrenen Lernenden vor Publikum und fehlendes, umfassendes Feedback für alle Teilnehmer.
Umso stärker ist meine Motivation, mich seit Jahren mit verschiedenen Methoden, die zielführendes, interessantes und vor allem faires Rollenspieltraining möglich machen, zu beschäftigen. Denn: „Verstehen folgt der Einsicht. Verhalten folgt der Wiederholung.“
Um das gewünschte Verhalten zu automatisieren, reicht keinesfalls ein einzelnes Rollenspiel. Wir benötigen mehrere, aufeinanderfolgende Trainingseinheiten von ein und derselben Sequenz. Diese Szene wird so lange durchgespielt, bis sich der Teilnehmer wohl und sicher fühlt. Erst wenn er die Eigenmotivation spürt, diese Sequenz am liebsten sofort bei einem Kunden anzuwenden, hat dieses „Spiel mit Rollen“ die gewünschte Wirkung erzielt.
Rollenspiele: Methoden zum Ausprobieren
Daher sollte jeder Trainer über ein ansehnliches Repertoire an „Spielen mit Rollen“ verfügen. An dieser Stelle danke ich allen Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich auf Kongressen und Meetings Rollenspiel-Ideen austauschen durfte. Hier nun ein paar meiner bevorzugten Rollenspiel-Methoden:
- „Alle auf einen“ Hier agieren mehrere Übende mit einem Gesprächspartner. Neben der Einbindung vieler Teilnehmer ist die Verantwortung für das Gelingen ebenfalls geteilt. Das entlastet auch introvertierte Teilnehmer.
- „Buddy Talk“ Klassische 1:1 Situation, jedoch steht dem Teilnehmer ein Freund („Buddy“) zur Seite, der sowohl mental als auch aktiv unterstützen darf.
- „Neue Wahl“ Diese Variante zeigt dem Teilnehmer viele Wege auf, mit einer Standardsituation umzugehen. Nahezu jede Sequenz kann auf unterhaltsame, aber auch beeindruckend wirksame Art trainiert werden.
- „Speed Training“ Mein absoluter Favorit, wenn es darum geht, kurze Sequenzen in schneller Abfolge zu trainieren. Jeder ist beteiligt und hat binnen weniger Minuten die gewünschte Sicherheit in einer komplexen Gesprächssituation gewonnen.
- „Video Role-Play“ Ein webbasiertes, orts- und zeitunabhängiges Rollenspiel-Trainingstool, das auch schon im Vorfeld eines Seminars zum Einsatz kommt. Besonderes Highlight: Eine wachsende „Bibliothek“ von Best-Practice-Beispielen, zu der jeder Teilnehmer Zugriff hat.
- „Reaktionstraining“ Auch hier ist jeder parallel am Trainingsgeschehen beteiligt. Durch die laute Aktivität entsteht eine Energie, welche die Teilnehmer zu noch mehr Übungslust anspornt.
- „Drei für einen“ Der Druck auf den Hauptakteur wird auf drei Personen verteilt. Auch das Feedback erhält dieses Trio gemeinsam. Entscheidend ist, wie in jedem Spiel mit Rollen, das risikolose Probieren von Verhaltensweisen.
Diese Techniken werden nur geringe Wirkung erzielen, wenn der Trainer die Teilnehmer weiterhin „um Erlaubnis“ zur Rollenspiel-Durchführung bittet. Der Trainer muss zu 100% die Notwendigkeit von gezieltem Rollenspiel-Training vertreten. Er kündet vor dem Plenum eine vertiefende Übung an, weist den Teilnehmern Rollen zu und erklärt den Trainingsablauf, nachdem das Setting hergestellt wurde. Je klarer und sicherer der Trainer hier kommuniziert, umso selbstverständlicher nehmen die Teilnehmer die Übungseinladung an. ■
Über den Autor
Thomas Ferenc Dodner ist Geschäftsführer der Top-Train GmbH. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Personalentwicklungskonzepte, Vertriebs- und Führungskräfteentwicklung und Trainerausbildung.
Dieser Artikel von Thomas Ferenc Dodner wurde im eMagazin BILDUNGaktuell in der Ausgabe 04/2016 veröffentlicht.