CEO-Studie: In den USA ist man Macher, hierzulande Manager

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Aktuelle CEO-Untersuchung: DAX-Chefs haben keine eigene unternehmerische Erfahrung – in der Digitalwirtschaft dagegen führen viele Gründer operativ ihre Konzerne.

  • DAX- und Dow-Jones-Chefs waren in der Regel nie selbst Unternehmer.
  • Rund 1/3 der NASDAQ-CEOs haben ihr Unternehmen selbst gegründet oder bereits unternehmerisch gewirkt.
  • Vitas von Konzern-Chefs werden sich in den nächsten Jahren verändern.

Nur zwei der heutigen DAX-Chefs haben sich schon einmal selbst als Unternehmer betätigt. Im Dow-Jones-Index hat bisher sogar keiner der 30 CEOs bereits ein eigenes Unternehmen gegründet und geführt. Anders sieht dies bei Technologie-Firmen im NASDAQ-100 aus: Fast ein Drittel der Chefs sind oder waren dort auch selbst Unternehmer. Das hat eine aktuelle Untersuchung* der Executive-Search- und Talent-Management-Beratung Korn Ferry ergeben.

Noch-Adidas-Chef Herbert Hainer hat nach dem Studium zunächst eine Bar eröffnet, bevor er sich der Manager-Karriere verschrieben hat. Und der Amerikaner Bill McDermott, heute CEO von SAP, hat schon mit 17 Jahren ein Delikatessengeschäft gegründet. Ein größeres Unternehmen hat jedoch keiner der heutigen DAX-Chefs selbst aufgebaut.

CEO-Studie: Die Zukunft erfordert Unternehmer – keine Manager

„Wer heute CEO eines gelisteten Großunternehmens ist, der hat seine Karriere in der Linie und im Anschluss im angestellten Management verbracht“, sagt Hubertus Graf Douglas, Geschäftsführer von Korn Ferry in Deutschland. „Die aktuelle Chef-Generation ist einer Zeit entsprungen, in der Gründergeist weniger gefragt war, als das Erbe der Gründergeneration davor zu mehren oder zu erhalten. Jeder bekam sofort einen Job, da stellt sich die unternehmerische Frage häufig gar nicht. Das sieht heute für die jungen High Potentials ganz anders aus, da viele Unternehmen mit Konsolidierung und Einsparungen beschäftigt sind. Viele junge Menschen sehen ihre Karriereperspektiven in den etablierten Konzernen nicht mehr.“

Und so verwundert es wenig, dass vor allem im Umfeld der neuen Technologien Gründer und Unternehmer in Chefpositionen zu finden sind. Dazu zählen unter anderem Ikonen wie Elon Musk (Tesla), Mark Zuckerberg (Facebook), Larry Page (Alphabet), Jeff Bezos (Amazon) oder Reed Hastings (Netflix), die heute ihre eigens gegründeten Unternehmen auch operativ als CEO führen. Aber auch einer breiten deutschen Öffentlichkeit weniger bekannte Unternehmer wie Robert Kotick (Activision Blizzard), Howard Schultz (Starbucks), Carl Bass (Autodesk) oder John Mackey und Walter Robbb (beide Whole Foods Market) gehören dazu. Insgesamt werden 29 der 100 Firmen an der amerikanischen Technologiebörse NASDAQ von Unternehmern geführt.

Innovation erfordert Unternehmertun

„Technologie erfordert Innovation. Und Innovation erfordert Unternehmertum, da sie stets mit großem Risiko einher geht“, sagt Alexander Wink, Senior Client Partner und Leiter der Digital-Sparte von Korn Ferry in EMEA. „Darum ist es wenig verwunderlich, dass die Unternehmerdichte hier sehr hoch ist.“ Auffällig ist: 19 der 29 Persönlichkeiten sind unmittelbar im Software-, Internet- und IT-Umfeld zu verorten. „Die Eintrittsbarrieren in diesen Markt sind noch vergleichsweise gering, weil für die Umsetzung einer originären Idee zunächst nur wenig Kapital notwendig ist“, sagt Wink. „Sie brauchen vor allem helle Köpfe, keine Maschinenparks oder teure Prototypen. Firmen wie Amazon, Facebook und Google, aber auch Autodesk und Activision Blizzard zeigen, dass Erfolgsgeschichten noch immer im Wohnzimmer starten können.“

Besonders auffällig sind Karrieren, in denen heutige CEOs bereits als Angestellte, dann als Unternehmer, heute wieder als angestellte Manager arbeiten. So hat Shantanu Narayen, heute CEO von Adobe Systems, nach diversen Manager-Funktionen zunächst ein eigenes Unternehmen (Pictra Inc.) gegründet, bevor er zu Adobe gewechselt ist. Auch Jay Flatley hat seine Manager-Karriere unterbrochen um das Unternehmen Molecular Dynamics zu gründen – bis es ihn in den Chefsessel des Biotech-Unternehmens Illumina gezogen hat.

Hubertus Graf Douglas sagt: „Solche Karrieren, die einen Wechsel zwischen angestellt sein und dem Agieren als Unternehmer kombinieren, gibt es in Deutschland so gut wie gar nicht. Ich prognostiziere jedoch: In zwanzig Jahren wird das ganz anders aussehen, wenn die heute junge Generation die Chefreife erreicht hat. Aufgrund der vollkommen unterschiedlichen Rahmenbedingungen und damit fundamental anderen Biographien werden wir einen signifikanten Anteil an ehemaligen Gründern in Vorständen großer Konzerne finden. Und damit eine Generation an Chefs, die über eine immens hohe Lernagilität verfügt und am eigenen Leib erfahren hat, was es heißt, Risiken einzugehen und mit ihnen umzugehen. René Obermann, als Studienabbrecher, ehemaliger Unternehmer und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom war eine frühe Ausnahmeerscheinung dieses Manager-Typus.“

„Chefs mit unternehmerischer Erfahrung würden auch heute schon vielen Konzern gut tun“, sagt Alexander Wink. „Nicht umsonst schauen viele Unternehmen auf die Digitalwirtschaft in Berlin und gründen dort eigene Einheiten, die überwiegend von Persönlichkeiten geführt werden, die keine Konzernkarriere gemacht haben. Gerade in einer Zeit, in der viele Firmen sich den > Unternehmer im Unternehmen < wünschen, ist es geboten, sich von den > geraden < Lebensläufen der Vergangenheit abzuwenden. Und auf diejenigen zu schauen, die das größte Potenzial haben. Um die Probleme von morgen zu lösen.“

Autokratische Führung hat keine Zukunft mehr

Hubertus Graf Douglas sagt: „Gleichwohl heißt dies nicht, dass ehemalige Unternehmer automatisch stets erfolgreicher sind als die heutigen CEOs. Sie mögen keine eigenen Firmen gegründet haben, dennoch gilt es ab einer gewissen Hierarchiestufe unternehmerische Entscheidungen zu treffen – in treuhänderischer Funktion gegenüber Aufsichtsrat und Aktionären. Dies erfordert noch ganz andere Fähigkeiten, als wenn man nur sich selbst gegenüber Rechenschaft ablegen muss. Diese Fähigkeiten müssen die künftigen Unternehmer genauso lernen, wie diejenigen, die ihre Karriere als Angestellte verbringen. Denn autokratische Führung ohne die emotionale Mitnahme der Führungsebene und Mitarbeiter hat gerade in gelisteten Konzernen keine Zukunft mehr.“

* Untersucht wurden die 31 (Co)-Vorstandsvorsitzenden der deutschen DAX-Konzerne, die 30 CEOs der Dow-Jones-Unternehmen sowie die 100 CEOs im NASAQ-Index auf Basis öffentlich zugänglicher Quellen. Mehr Informationen zur Untersuchung erhalten Sie direkt bei Korn Ferry.

Über Korn Ferry

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