- Neue Studienergebnisse des ÖAIE zeigen, wie Zunahme an Übergewicht bei Kindern gestoppt werden kann.
Margaret Chan, ehem. Generaldirektorin der WHO, ließ Ende Juni mit der Aussage aufhorchen, dass Übergewicht die weltweit größte Gesundheitsbedrohung sei. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen müsse die internationale Staatengemeinschaft rasch Maßnahmen treffen, um die weltweite Adipositas-Pandemie zu stoppen. Das Österreichische Akademische Institut für Ernährungsmedizin (ÖAIE) präsentiert nun aktuelle Studienergebnisse, wonach Volksschulen mit konkreten, wissenschaftlich fundierten Interventionsmaßnahmen dazu beitragen können, die Zunahme an Übergewicht bei Kindern zu stoppen, die körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern und Ernährungswissen und Essverhalten nachhaltig positiv zu beeinflussen.
Übergewicht bei Kindern: Zunahme an Muskelmasse und körperlicher Leistungsfähigkeit bei gleichzeitiger Abnahme des Körperfettanteils
Das wissenschaftliche Präventionsprojekt EDDY Young[1] des ÖAIE läuft seit einem Jahr an Wiener Volksschulen, an denen der Anteil an übergewichtigen und adipösen Kindern bei knapp 40 Prozent liegt. Insgesamt 72 Schülerinnen und Schüler im Alter von 8 bis 10 Jahren erhielten über ein Jahr hindurch wissenschaftlich fundierte Ernährungs- und Lifestyle-Schulungen sowie spezielles körperliches Training durch eigens dafür geschultes Personal, dazu wurden in regelmäßigen Abständen Testungen durchgeführt.
„Die Ergebnisse sind beeindruckend“, sagt Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm, Präsident des ÖAIE. „Die körperliche Leistungsfähigkeit und die Muskelmasse nahmen bei allen Schülerinnen und Schülern während des Interventionszeitraums deutlich zu. Im Vergleich dazu konnte der alterstypische Anstieg des Körperfettanteils gebremst werden, in vielen Fällen sogar gestoppt. In der Kontrollgruppe ohne Intervention stieg hingegen der Körperfettanteil während desselben Zeitraums deutlich an, die körperliche Leistungsfähigkeit jedoch kaum.“
Übergewicht bei Kindern: 8-jährige Kinder mit extremer Fettleibigkeit
Teil der wissenschaftlichen Testungen, die zum Nachweis des Erfolgs der Interventionen durchgeführt wurden, war der Deutsche Motorik Test. Überprüft wurde dabei die motorische Leistungsfähigkeit in den Disziplinen Ausdauerlauf, Sprint, Standweitsprung, Rumpfbeugen, Balancieren, Hin- und Herspringen, Sit-ups und Liegestütz.
„Durch die Interventionen des EDDY Young Präventionsprojekts konnten sich die Kinder im Schnitt in allen Disziplinen deutlich verbessern“, erläutert Widhalm. „Insbesondere bei extrem fettleibigen Kindern waren die Erfolge bemerkenswert: So schaffte ein 8-jähriger Bub bei der Anfangstestung 2 Liegestütz und keine Sit-ups – nach einem Jahr Intervention waren es 14 Liegestütz und 13 Sit-ups. Ein ebenfalls 8-jähriges, extrem fettleibiges Mädchen verbesserte sich von 1 Liegestütz auf 11 und von 16 Sit-ups auf 20. Die Muskelmasse hat bei beiden zugenommen, während der alterstypische Anstieg des Körperfettanteils erfolgreich gestoppt werden konnte.“
Ernährungswissen und –verhalten nachhaltig positiv beeinflussbar
Ebenfalls im Rahmen des Projekts EDDY Young erhielten die Schülerinnen und Schüler Schulungen in gesunder Ernährung. Das in Tests abgefragte Ernährungswissen stieg nach einem Jahr deutlich an, während der Konsum von ungesunden Nahrungsmitteln wie Fastfood (Döner Kebab, Bratwurst etc.), Weißbrot und salzigen Snacks merkbar reduziert wurde.
ÖAIE fordert flächendeckende Umsetzung wissenschaftlich fundierter Präventionsprogramme und spezielle Schulung von pädagogischem Personal. „Die aktuellen Studienergebnisse zeigen uns, dass Präventionsprogramme an Schulen erfolgreich sein können, sofern sie wissenschaftlich fundiert sind, die Bereiche Ernährung und Bewegung kombinieren und von eigens dafür geschultem Personal durchgeführt werden“, sagt Widhalm. „Das günstigste Alter für den Start solcher Programme ist der Zeitraum um das 10. Lebensjahr, jedoch sollte die Intervention zeitlich nicht beschränkt sein. Die Einbeziehung von Eltern und Lehrern ist für die Wirksamkeit entscheidend.“
Um die Adipositas-Pandemie in Österreich zu stoppen, fordert das ÖAIE die flächendeckende Einführung von Präventionsprogrammen an Schulen. Dafür dringend notwendig sind die Verbesserung der schulischen Infrastruktur durch Schaffung zusätzlicher Turnsäle und Sportplätze sowie die spezielle Ausbildung von pädagogischem Personal.
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Das Österreichische Akademische Institut für Ernährungsmedizin (ÖAIE) wurde 1996 auf Initiative des damaligen Präsidenten der Ärztekammer, Prim. Dr. Michael Neumann, mit dem Ziel gegründet, Ärztinnen und Ärzte im Fach der Ernährungsmedizin fortzubilden. Das ÖAIE ist interdisziplinär ausgerichtet und vereint unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm Expertinnen und Experten aus den Bereichen der Medizin, Psychologie, Ernährungswissenschaften, Diätologie, Sportwissenschaften und Nahrungsmittelproduktion. Als führende Fortbildungs- und Forschungs-Institution für Ernährungsmedizin in Österreich richtet es regelmäßig wissenschaftliche Veranstaltung aus und publiziert vierteljährlich das „Journal für Ernährungsmedizin“. Weitere Informationen unter www.oeaie.org