Bessere Bildung führt zu deutlich weniger Verbrechen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann Stiftung. Sie weist erstmals einen kausalen Zusammenhang zwischen unzureichender Bildung und Kriminalität nach. So würde die Zahl an Gewalt- und Eigentumsdelikten deutlich sinken, könnte die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss halbiert werden, so die Forscher.
Anhand von ökonometrischen Analysen auf der Grundlage von Mikro- und Paneldaten zeigen die beiden Wirtschaftswissenschaftler Horst Entorf und Philip Sieger von der Universität Frankfurt am Main, dass das häufige Zusammenfallen von fehlendem Hauptschulabschluss und kriminellem Verhalten kein Zufall ist. Unzureichende Bildung ist eine der Ursachen für Straffälligkeit und Kriminalität. Es spielen auch andere Faktoren wie beispielsweise Vorstrafen im Elternhaus eine Rolle für kriminelles Verhalten – auch das zeigt die Studie. Doch anders als bei der Bildung, kann die Gesellschaft aber auf diese Faktoren kaum Einfluss nehmen. Maßnahmen, die den Anteil an Jugendlichen ohne Schulabschluss halbieren, könnten Opfern und Angehörigen vielfaches persönliches Leid ersparen, das Zusammenleben würde friedlicher und sicherer.
„Unser Bildungssystem lässt viel zu viele Schüler scheitern“, sagt Dr. Jörg Dräger, für Bildung zuständiges Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. „Das hat für die ganze Gesellschaft dramatische Folgen, zum Beispiel mehr Kriminalität, hohe Transferzahlungen oder soziale Konflikte.“ Jugendliche brauchen eine Perspektive für ihr weiteres Leben. Aufgabe der Bildungspolitik muss es sein, allen Jugendlichen die Möglichkeit zu einem erfolgreichen Berufsleben und zur sozialen Teilhabe in der Gesellschaft zu eröffnen, so Dräger: „Wir dürfen Schulabgänger ohne Abschluss nicht stigmatisieren, wir müssen ihnen helfen.“
Nach wie vor verlassen Jahr für Jahr Zehntausende Jugendliche in Deutschland die Schule ohne Hauptschulabschluss – im Sommer 2009 waren es mehr als 58.000 junge Menschen. Ein Viertel von ihnen kommt aus Hauptschulen, mehr als die Hälfte stammt aus Förderschulen. Die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss lasse sich daher nur halbieren, wenn das bisherige Förderschulsystem weitgehend aufgegeben werde, so Dräger: „Alle Bundesländer und Schulformen müssen deshalb die Weichen zügig und konsequent in Richtung inklusives Schulsystem stellen.“ Zudem fordert er: „Vor allem Schulen in sozialen Brennpunkten benötigen unsere sofortige Unterstützung durch ein Sonderprogramm – mehr finanzielle Mittel, die besten Lehrer.“ So könne eine neue Lernkultur entstehen, die individuelle Förderung und rechtzeitiges Handeln gegen Schulverweigerung möglich macht. Dräger: „Wer rechtzeitig in Bildung investiert, spart nicht zuletzt bei Strafverfolgung und Strafvollzug.“
Dräger sieht dabei nach dem Schulabschluss die Berufsausbildung „als weiteren entscheidenden Schritt zu fairen Bildungschancen: Jeder Jugendliche sollte das Recht auf einen Ausbildungsplatz, aber auch die Verpflichtung zu einem Berufsabschluss haben.“ Erst dadurch werde die Perspektivlosigkeit vieler junger Menschen überwunden.
Link zum Thema
www.bertelsmann-stiftung.de
www.wiwi.uni-frankfurt.de
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Foto: istockphoto
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