„Es ist sehr schwierig, wenn auch nicht unmöglich an der Wirtschaftsuniversität Wien einen Betreuer für das Doktorats-Studium zu finden“, sagte Kurt Koleznik von der Fachhochschulkonferenz (FHK) im Rahmen eines Doktorats-Coaching der FHWien-Studiengänge der Wirtschaftskammer Wien. Der Doktor-Titel sei ein wissenschaftliches Siegel und eine Auszeichnung für wissenschaftliches Arbeiten, so Koleznik weiter, trotzdem müsse die Möglichkeit zum Doktorats-Studium grundsätzlich für alle Interessierten, auch für FH-AbsolventInnen, bestehen. Im Studienjahr 2007/2008 haben immerhin 601 FH-AbsolventInnen in Österreich ihr Doktorats-Studium begonnen.
Die triste Lage an der WU Wien einen Betreuungsplatz für das Doktorats-Studium zu finden, belegt Gerhard Fink, Leiter des Doktoratsprogramms der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien), mit Zahlen: „Seit 2001 haben sich 3.000 Studierende für das Doktorats-Studium eingeschrieben. 2008 haben sich von diesen Doktoranden 1.300 wieder eingeschrieben und 340 Personen haben den Doktor-Titel erhalten. Zusammengefasst bedeutet dies, dass zurzeit über 500 Personen pro Semester eine Betreuungszusage erhalten, davon ungefähr 20 Prozent im Laufe des Studiums scheitern und 40 bis 50 Personen pro Semester ihren Abschluss machen.“ Laut Fink reichen die Kapazitäten allerdings nicht aus, noch mehr Doktoranden aufzunehmen sei unmöglich. Für ihn liege das Kernproblem im freien Zugang zu Universitäten.
Für Wolfgang Wiesner, ein Absolvent der FHWien-Studiengänge mit Doktorat, spielt vor allem lebenslanges Lernen eine zentrale Rolle: „Die Universitäten sollen von ihrem hohen Ross herunter steigen. Sollten Prüfungen fehlen oder Defizite in der Wissenschaftlichkeit von FH-Absolventen geahndet werden, muss das durch Prüfungen und Seminare aufholbar sein. Es mag sein, dass eine Fachhochschule nicht die wissenschaftliche Breite wie eine Universität bietet, jedoch geht das FH-Studium in anderen Dingen viel tiefer“, so Wiesner, der Zugangsregelungen für FH-AbsolventInnen z.B. in Form von Prüfungen fordert.
Laut Fink sei die Erwartungshaltung von Doktorats-BetreuerInnen an Studierende sehr individuell. Einzelne Departments an der WU würden Doktoratsplätze über Blockausschreibungen besetzen. Viel häufiger sei die Auswahl auf individueller Ebene, meint Fink, grundsätzlich gelte, dass der Studierende in das Forschungsprogramm passt, über eine enge fachliche Qualifizierung verfügt und bereits ein Konzept zur Dissertation entwickelt hat.
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