Welche Persönlichkeit macht Karriere?

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Persönlichkeit macht KarriereSie würden gerne die Eigenschaften kennen, die Unternehmen bei der Jobsuche bevorzugen? Eine Headhunterin analysiert, was Sie wissen sollten. Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch „Persönlichkeit macht Karriere – So stellen Sie die Weichen für Ihren eigenen beruflichen Weg” (Stephanie Schorp; Campus Verlag, 2022).

Stephanie Schorp gilt als eine der renommiertesten Headhunterinnen Deutschlands. Seit über 20 Jahren ist die Diplom-Psychologin mit der Auswahl, Beurteilung und Entwicklung von Führungskräften beschäftigt. Ihre Erfahrungen sammelte sie sowohl im Großkonzern als auch im Mittelstand und in der Beratung.

Der „Perfect Fit” zwischen Position und Person

Versuchen Sie nicht, vermeintlich erwünschte Eigenschaften vorzugaukeln und scheinbar unerwünschte Eigenschaften zu verstecken. Ich versuche bei meinen Suchen, den „Perfect Fit” zwischen Position und Person zu erreichen. Da hilft es mir genauso wenig wie Ihnen, wenn mir statt der Person nur ein Traumbild gegenübersitzt. So wie ich meinen Kunden ihren Traum ausrede, eine eierlegende Wollmilchsau nach Holzwickede locken zu können, möchte ich auch Ihnen gerne ausreden, sich als Superman oder Superwoman zu präsentieren. Seien Sie Sie selbst. Wenn Ihnen Ihre Persönlichkeit nicht gefällt, arbeiten Sie daran. Aber nicht für mich, sondern für Sie.

Ich vermute, dass Ihnen diese Antwort nicht ausreicht. Womöglich weil Sie Ihrer Persönlichkeit deutlich mehr Karriere zutrauen, als Sie bislang gemacht haben. Da falle mir doch bestimmt etwas ein, worauf Sie in Zukunft besser achten könnten. Nämlich, siehe oben, die Enthüllung des Geheimnisses, was nun wirklich besonders gut bei mir beziehungsweise meinen Kunden ankommt. Okay, versuchen wir’s noch mal.

Persönlichkeit macht Karriere

Es gibt nicht die eine Eigenschaft, die notwendig ist, um Karriere zu machen. Alles ist möglich: Sie können als emotionaler Familienmensch genauso eine Chance haben wie als egozentrischer Autist. Und es gibt auch nicht die eine Eigenschaft, die ein Totschläger wäre und jede Karriere verhindert. Asoziale Stinktiere können es ebenso ganz nach oben schaffen wie langweilige Bürokraten oder sanfte Altruisten. Sicherlich nicht zur gleichen Zeit im gleichen Unternehmen, aber es gibt so viele verschiedene Unternehmen in so vielen verschiedenen Situationen, da lässt sich nichts ausschließen.

Zudem sind auf unterschiedlichen Ebenen der Karriere auch unterschiedliche Eigenschaften wichtig oder gar entscheidend. Es wird völlig unterschätzt, wie groß der Unterschied zwischen Mittel-Management und Top-Etage ist. Das ist eine ganz andere Liga. Da kann mir jemand gegenübersitzen, der bislang in der zweiten Liga Spitzenleistungen bringt, dem ich aber nicht zutraue, eine ähnliche Leistung auch in der ersten Liga oder gar in der Champions League zu schaffen. Es kommt also ganz drauf an. Und bevor Sie versuchen, sich hier an etwaige Erfolg versprechende Eigenschaften anzupassen und dabei zu verbiegen, seien Sie lieber Sie selbst und suchen nach der Nische, in der Sie damit Erfolg haben.

Eigenschaften, die Ihre Karriere fördern

Hier ein paar von den üblichen verdächtigen karrierefördernden Eigenschaften und was ich davon halte. Zu jeder davon haben Psychologen schon ganze Bücher geschrieben. Ich fasse mich kürzer.

Beharrlichkeit ist extrem wichtig. Wie sagte schon Winston Churchill: „Erfolg ist, einmal mehr aufstehen als man hingefallen ist.” Beharrlich ist man, wenn man Strecke macht, wenn man durchhält, sich nicht gleich entmutigen lässt, auch weitermacht, wenn es schwierig ist, dranbleibt und wieder von vorne anfängt, wenn es sein muss. Und so oft, wie man gerade in großen Unternehmen wieder von vorne anfangen muss, muss man statt von Beharrlichkeit eigentlich schon von Frustrationstoleranz sprechen. Wenn Sie die haben und in Ihrer Position brauchen: wunderbar. Aber wenn Sie das nicht durchhalten, halte ich es für besser, Sie suchen sich ein anderes Umfeld, in dem es nicht so sehr darauf ankommt, einstecken zu können, sondern nach vorne zu gehen.

Resilienz oder psychische Widerstandsfähigkeit ist seit der Finanzkrise von 2008/09 geradezu ein Modebegriff geworden, was sich in der Corona-Pandemie noch einmal verstärkt hat. Es bedeutet, dass man negativen Einflussfaktoren von außen standhält und sich selbst kontrollieren und führen kann. Und das heißt nicht nur, Nackenschläge wegstecken zu können, sondern danach anders und besser wieder wieder aufzustehen, als man vorher war. So wichtig es ist, sich in Exis- tenzkrisen anpassen und behaupten zu können, mir erscheint es vor allem wichtig, dass man sich in allen Situationen anpassen kann – kann, nicht muss.

Adaptivität und Flexibilität sind deshalb für mich die noch wichtigeren Eigenschaften in diesem Bereich. Dazu gehört, für sich selbst eine Orientierung zu haben, aber sich trotzdem den täglichen, wöchentlichen Krisen und Katastrophen anpassen zu können. Die ständigen Schocks und Achterbahnfahrten, denen viele Unternehmen durch die Pandemie ausgesetzt waren, haben die Adaptivität aus einer Nice-to-Have-Nische ins Zentrum der karrierefördernden Eigenschaften gespült. Wer sonst kommt schon damit klar, wenn so viel so schnell und so oft umgestülpt wird? Diese Eigenschaft ist bei jüngeren, digital aufgewachsenen Jahrgängen deutlich stärker verbreitet als bei der analogen alten Garde, was den Generationenwechsel im Management wohl beschleunigen wird.

Optimismus ist immer gut. Mit einer positiven, optimistischen Grundeinstellung machen Sie sich und Ihren Leuten das Leben leichter. Wenn dazu noch eine ähnlich positive, kraftvolle Ausstrahlung kommt, entsprechen Sie schon fast dem Klischeebild der erfolgreichen Führungskraft. Der stärkste Widerstand, den Sie in Ihrer Karriere zu überwinden haben, kommt vermutlich von neidischen Vorgesetzten. Das kann selbst die beste Laune vermiesen und sollte dann für Sie Anlass sein, sich nach einem positiveren Umfeld umzuschauen.

Authentisch sein klingt auch gut, ist aber umstritten. Denn da gibt es gleich zwei Haken: Ich könnte verletzen und ich könnte verletzt werden. Authentizität bedeutet, dass ich meiner selbst bewusst bin. Je mehr ich das bin, desto wichtiger ist es, dass ich vorsichtig damit umgehe. Wenn Sie wissen, dass Sie eigentlich reden, wie Ihnen der Schnabel gewachsen ist, sollten Sie sich dennoch in einigen Jobsituationen zurückhalten, in denen höfliche Diplomatie zielführender sein dürfte als harsche Offenheit. Als Führungskraft haben Sie auch eine Rolle einzunehmen, und da geht es nicht immer darum, authentisch zu sein. Umgekehrt kann Authentizität Sie angreifbar machen: Wer sich so zeigt, wie er ist, offenbart damit auch seine Schwachpunkte. Je aggressiver die Kultur in Ihrem Unternehmen ist, desto riskanter wird es, authentisch zu sein.

Empathie ist die Zeitgeist-Karriereeigenschaft schlechthin. Früher nannte man jemanden, der empathisch ist, eher „Weichei”, und Weicheier machten keine Karriere. Heute gilt, man müsse als Führungskraft viel empathischer sein als früher, entsprechend niedriger im Kurs steht die frühere Chefqualität der Durchsetzungsstärke. Der Begriff Empathie ist aber mehr als nur Mode. Eine Qualität in dieser Richtung werden wir auch weiterhin brauchen. Empathisch ist ja nicht gleich weich und nett, es geht eher darum, dass man sich einfühlen kann. Wann müssen Sie mit jemandem vorsichtiger agieren, wann mehr Nachdruck machen? Je jünger die Mitarbeiter, desto mehr wird das verlangt: Wer aus der Generation 20plus möchte denn von einem „durchsetzungsstarken” Choleriker geführt werden? Früher gehörte das dazu: Auch mal jemanden vor versammelter Mannschaft schlachten, um von den anderen noch mehr anerkannt zu werden. Aber das ändert sich gerade.

Analytische Fähigkeiten waren, sind und bleiben wichtig im Management. Aber das eigentliche Erfolgsrezept ist die Kombination aus analytischen und kommunikativen Fähigkeiten. Als Einzelangebot haben beide Qualitäten Freunde und Feinde. Für viele ist Kommunikation typisch für Vertriebler, die einen ohne Pause zutexten. Und die reinen Analytiker, das sind die zahlengetriebenen Nerds, die den realen Wald vor lauter Datenbäumen nicht sehen. Aber die Kombination dieser beiden Qualitäten, die macht Karriere. Gerade weil sie nicht sehr häufig vorkommt: Wer kann schon sowohl verstehen als auch verkaufen? Wenn Sie das können, haben Sie in vielen Jobs gute Chancen.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch „Persönlichkeit macht Karriere – So stellen Sie die Weichen für Ihren eigenen beruflichen Weg” (Stephanie Schorp; Campus Verlag, 2022).