Resilienztraining: Zuversicht statt Frust

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Unsicherheit, Angst und Frust machen vielen Menschen zu schaffen. Dabei vergessen sie oft, dass sie gleichzeitig von positiven Emotionen umgeben sein könnten.Ein Resilienztraining kann da helfen. Warum uns die Art zu denken und zu fühlen schwach, aber auch stark machen kann, erläutert Dr. Denis Mourlane

Wenn ich Ihnen das Angebot machen würde, dass Sie nie wieder in Ihrem Leben negative Gefühle wie Angst, Trauer, Ärger, Frustration, Niedergeschlagenheit, Schuld oder Scham empfinden müssten, Sie dafür aber auch nie wieder positive Gefühle wie Freude, Gelassenheit, Glück, Zuversicht, Liebe, Stolz oder Demut empfinden würden – würden Sie das Angebot annehmen?

Wir haben diese Frage in den vergangenen zehn Jahren weit mehr als 25.000 Menschen im Rahmen von Vorträgen und Trainings gestellt. Was glauben Sie, ist dabei herausgekommen? Die Antwort: Wir können die Zahl der Personen, die das Angebot angenommen hätten, an den Fingern einer Hand abzählen. Warum ist das so? Weil wir alle wissen, dass negative Gefühle nun einmal Teil des Lebens sind, dass sie uns erst ermöglichen, genau das Gegenteil, nämlich positive Gefühle, wertzuschätzen, und weil sie eben auch nützlich sind. Denn Angst warnt uns davor, dass eine Gefahr besteht, Ärger zeigt, dass gerade unsere Rechte verletzt werden, Frustration, dass wir nicht genügend Ressourcen zur Verfügung haben, Schuld, dass wir die Rechte eines anderen Menschen verletzt haben, Trauer, dass wir etwas verloren haben und Peinlichkeit, dass wir gerade an Ansehen verloren haben. Sie tun dies insbesondere in ganz vortrefflicher Weise, wenn wir in der Lage sind, wie eben beschrieben, akkurat zu denken, nicht in irgendwelche Denkfallen tappen und somit Dinge nicht überzogen sehen.

Resilienztraining: Sehen Sie das Positive, das Ihnen im Leben widerfährt

Ich kann Sie mit diesem eben gemachten Angebot nun aber nicht einfach so im Regen stehen lassen und möchte Ihnen daher ein anderes Angebot machen. Dieses Angebot lautet, zu lernen, die positiven Dinge, die uns im Leben widerfahren und wahrscheinlich permanent passieren, „einfach“ häufiger und bewusster wahrzunehmen. Denn Resilienz hat vor allem etwas mit Wahrnehmungsprozessen, mit Perspektiven, die wir einnehmen, und der Art, wie wir denken zu tun. Auch dies ist eine Eigenschaft, die hoch resiliente Menschen ganz automatisch und somit unbewusst haben, und die natürlich einen starken Einfluss auf ihr Wohlbefinden, ihren Optimismus und damit ihren Erfolg ausüben. Sie sehen das, was sie haben und das Positive, das ihnen im Leben widerfährt.

Entsprechend ist Positivity auch nicht das, was viele darunter verstehen: Sich alles rosarot anzumalen, sich vor den Spiegel zu stellen und zwanzig Mal zu sich zu sagen, dass alles ganz toll ist, dass es Ihnen ganz toll geht und eigentlich noch nie besser ging. Obwohl Sie zum Beispiel gerade arbeitslos geworden sind, Ihr Partner Sie deswegen und aus ein paar weiteren Gründen verlassen hat und Sie sich eingestehen müssen, dass Sie ein Alkoholproblem haben. Denn so würden Sie sich anlügen und ebenso inakkurat denken, also etwas zu positiv sehen. Positivity ist in einer solchen Situation etwas anderes. Es bedeutet, ehrlich zu sich selbst zu sein, die eigenen Anteile an der Situation ehrlich herauszuarbeiten, Gefühle zuzulassen, daran zu glauben, dass es durch das eigene Handeln besser werden kann. Und es bedeutet, seine eigene Situation etwas erträglicher zu machen, indem man die eigene Situation mit der von anderen Menschen vergleicht, die einen Weg aus solch einer misslichen oder einer vielleicht noch viel schlimmeren Lage gefunden haben.

Bei hoch resilienten Menschen können wir solche Haltungen dann häufig an Sätzen wie „Es gibt Menschen, denen es noch viel schlechter geht als mir“ ablesen. Willy Brandt ist ein solcher Mensch, der einerseits als Bundeskanzler, SPD-Vorsitzender und Friedensnobelpreisträger einen sehr hohen persönlichen und beruflichen Erfolg hatte, auf der anderen Seite aber als Kind und Jugendlicher den Krieg, Niederlagen, Armut und Verfolgung durchstehen musste. Er sagte gegen Ende seine Lebens: „Ich habe die Erfahrung bestätigt gesehen, dass es hoffnungslose Situationen kaum gibt, solange man sie nicht als solche akzeptiert.“

Resilienztraining: Schalten Sie Ihr Radar für positive Gefühle ein!

Hoch resiliente Menschen sehen also die positiven Dinge, die ihnen im Leben widerfahren, und führen außerdem positive Erlebnisse und die damit einhergehenden positiven Gefühle aktiv herbei. Sie erinnern sich vielleicht an die Liste der negativen, nicht-resilienten Gefühle und die Themen, die dahinterstecken, die ich Ihnen beim Emotionsradar vorgestellt habe. Die genau gleiche Liste gibt es auch für positive, wir nennen sie auch resiliente Gefühle, und ich möchte Sie daher einladen, Ihr Radar für diese positiven Gefühle einzuschalten:

  • Wir erleben Freude, gar Glück, wenn gerade alles so ist, wie es sein soll, und wenn uns etwas für uns Schönes widerfährt.
  • Wir erleben Stolz, wenn wir gerade eine tolle Leistung erbracht haben.
  • Wir erleben Zufriedenheit und Dankbarkeit, wenn wir merken, dass wir alles haben, was wir brauchen.
  • Wir erleben Interesse und Neugier, wenn wir vor einer Herausforderung oder Situation stehen, die genau unseren Vorstellungen entspricht.
  • Wir erleben Liebe, wenn wir anderen Menschen Kraft geben und diese auch wieder zurückbekommen.
  • Wir erleben Ansehen und Respekt, wenn andere Menschen gut über uns denken.
  • Wir erleben Demut, wenn wir ein realistisches Selbstbild und gleichzeitig einen Blick für das Ganze haben.
  • Wir erleben Zuversicht und Gelassenheit, wenn wir der Überzeugung sind, dass sich die Dinge zum Guten wenden werden, und wir daran glauben, dass wir selbst auf unser Leben Einfluss nehmen können.
  • Wir erleben Leidenschaft, wenn wir genau das tun, was uns entspricht.
  • Wir erleben einen positiven Selbstwert nicht dann, wenn wir uns immer ganz toll finden, sondern dann, wenn wir uns mit unseren Stärken und unseren Schwächen, also so wie wir nun einmal gerade sind, erst einmal annehmen.

Resilienztraining: In uns stecken noch viele Möglichkeiten

Wie häufig erleben Sie diese einzelnen Gefühle? Gibt es in Ihrem Leben vielleicht ein Gefühl, das Sie häufiger erleben könnten, wenn Sie einmal realistisch und ehrlich auf Ihr Leben schauen würden? Auch hier mache ich in Trainings und Coachings immer wieder die Erfahrung, dass diese Fragen die Menschen, die ich bei ihrer persönlichen Entwicklung unterstütze, sehr nachdenklich stimmen. Denn diese Fragen stoßen genau in die Kerbe der in der Einleitung dieses Buches formulierten These: Wir haben so ziemlich alles, was wir benötigen, um ein glückliches und erfolgreiches Leben zu führen, und selbst wenn uns das Schicksal nicht mit den Rahmenbedingungen gesegnet hat, die wir erst einmal für ein erfolgreiches Leben benötigen, zeigen uns die Beispiele vieler wahrscheinlich hoch resilienter Menschen, wie viele Möglichkeiten ganz einfach direkt in uns selbst stecken, um diesem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen. Wir tragen die Instrumente also permanent mit uns herum, müssen also „nur“ lernen, sie zu benutzen.

Der Text ist ein Auszug aus dem Buch „Resilienz – Die unentdeckte Fähigkeit der wirklich Erfolgreichen“ (BusinessVillage) und wurde im eMagazin von BILDUNGaktuell veröffentlicht. Der Autor und Diplom-Psychologe Dr. Denis Mourlane unterstützt seit mehr als 10 Jahren Unternehmen bei der Entwicklung ihrer Mitarbeiter und Führungskräfte. In Deutschland ist er exklusiver Anbieter des Resilienztrainings, das an der University of Pennsylvania im Team des renommierten Prof. Dr. Martin Seligman entwickelt wurde. Das Training wurde von Dr. Andrew Shatté („The resilience factor“) und Dean M. Becker an die Bedürfnisse von Unternehmen angepasst.