Lob und Tadel, Belohnung und „Tschacka“ – alles schon probiert? Was Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Höchstleistungen treibt, weiß Dr. Constantin Sander.
In meinen Projektmanagement-Seminaren nimmt das Thema Motivation einen breiten Raum ein. Teilweise zum Unverständnis einiger Teilnehmer. Eine Projektmanagerin sagte mir einmal: „Motivation? Mit so was können wir uns nicht befassen!“ Andere befassen sich intensiv damit und unternehmen einiges, um eben diese zu fördern.
Die einfachsten Versuche sind Appelle wie „Zeigen Sie doch mal ein wenig mehr Motivation!“ Andere meinen, dass man durch Lob und Tadel Menschen motivieren könne. Und viele glauben, ihre Mitarbeiter seien mit Geld zu locken: Provisionen, Boni und Incentives. Reicht das nicht aus, dann muss ein Motivationstrainer her. Damit machte einst Jürgen Höller in Deutschland Furore und löste eine Welle der Dopaminanschubser aus: Tschacka! Heraus kam dabei nichts als ein Strohfeuer.
Dabei könnten wir es besser wissen. Schon Ende der Fünfziger Jahre veröffentlichte der Psychologe Frederik Herzberg eine Studie, die zeigen konnte, dass all die oben genannten Motivationsversuche allenfalls Demotivation vermeiden können. Herzberg nannte sie Hygienefaktoren. Wer anständig bezahlt wird, Lob empfängt, vielleicht sogar am Erfolg des Unternehmens beteiligt wird, der macht seine Arbeit meist ordentlich. Aber wird er dadurch motiviert? Herzberg verneinte dies.
Hoch motiviert in den Crash?
Szenenwechsel: Als Zocker in Nadelstreifen den Finanzmarkt vor wenigen Jahren an den Abgrund und fast darüber hinaus fuhren, da gerieten Managerboni schnell unter Generalverdacht und schwer in die Kritik. Sie seien Schuld am Überschäumen des Marktes. Die Wirtschaft konterte, dass Boni als Leistungsanreiz unerlässlich seien. Das klingt zunächst logisch. Ein Hund gehorcht schließlich auch, wenn er ein Leckerli erwarten kann. Und aufgrund dieser einfachen Logik erklärt sich wahrscheinlich auch, warum so mancher Spitzenmanager astronomische Erfolgsvergütungen einstreicht. Seltsam nur, dass es keinen empirisch nachweisbaren Zusammenhang zwischen Unternehmenserfolg und Managerboni gibt. Im Gegenteil: Steven Covey konnte in einer Untersuchung in den 1990er-Jahren zeigen, dass es eher die Firmen mit mittleren Managervergütungen sind, die nachhaltig High Performance zeigen.
Boni sorgen für Futterneid
Jüngst konnten Psychologen zeigen, dass es selbst an der Börse nicht die Boni sind, welche den Anreiz ausmachen, sondern das Verlangen, besser als die Anderen zu sein. Dadurch entsteht in manchem Unternehmen eine durch Konkurrenz und Futterneid geprägte Ellenbogenkultur. Mit Motivationsförderung hat dieses System wenig zu tun.
Empirische Untersuchungen können belegen, dass immer dann, wenn Menschen auch nur rudimentäre kognitive Leistungen abverlangt werden, Belohnungen wirkungslos oder sogar kontraproduktiv sind. Denkende Menschen empfinden Belohnung eher als unliebsame Konditionierungsmethode. Man spricht darum in der Wirtschaftspsychologie auch vom Korrumpierungseffekt. Und der treibt seltsame Blüten: Er führt eher zu schlechteren Leistungen. Auch dies ist längst bekannt.
Motivation kommt von innen
Der amerikanische Motivationsexperte Daniel Pink sagt daher: „Die Wirtschaft macht immer noch das genaue Gegenteil von dem, was die Forschung längst weiß.“ Recht hat er, sagen auch die Neurobiologen, die sich intensiv mit den neuronalen Vorgängen motivationalen Handelns beschäftigt haben. Sie können inzwischen erklären, warum extrinsische, also von außen einwirkenden, vermeintliche Motivatoren eher hilflose Versuche der Leistungsförderung sind.
Die Hirnforscher sagen, dass Motivation immer dann entsteht, wenn Menschen positive Erfahrungen bei der Bewältigung von Herausforderungen machen. Motivation ist das Resultat eines Lernvorgangs. Immer dann, wenn uns etwas gut gelingt – und mehr noch, wenn es uns besser gelingt als erwartet, dann wird im Gehirn Dopamin ausgeschüttet. Dieses Glückshormon verschafft uns nicht nur ein gutes Gefühl, sondern fördert neuronale Wachstumsprozesse und damit die Verstärkung von Synapsen oder die Bildung neuer Verknüpfungen. Lernen und Motivation sind damit unmittelbar verknüpfte neuronale Vorgänge.
Druck lass nach
Sämtliche Konditionierungsversuche, dazu gehören Lob und Tadel ebenso wie Boni und Incentives, sind allenfalls gutgemeinte Versuche zur Motivation, mehr nicht. Auch Leistungsdruck ist ein ziemlich untaugliches Mittel zur Steigerung kognitiver Leistungen. Mancher wird nun fragen: „Aber lernt es sich unter Druck nicht effektiver?“ Antwort der Hirnforscher: Solange wir Druck als angenehme Herausforderung empfinden, kann er leistungssteigernd wirken.
Erzeugt Druck aber Angst, verkehrt sich die Wirkung ins Gegenteil, denn Angst erzeugt Stress und der sorgt dafür, dass tiefere Hirnschichten, die für die Gerfahrenabwehr zuständig sind, die Steuerung übernehmen. Das Großhirn, das durch den Druck ja eigentlich aktiviert werden soll, bleibt weitgehend ausgeschaltet. Das erklärt auch, warum sich Kreativität nicht erzwingen lässt. Unter Druck entfalten Menschen eher Einfallsreichtum, wie sie dem Druck entgehen oder sich dagegen wehren können.
Drei Essentials der Motivation
Daniel Pink nennt drei Faktoren, welche für die Entstehung von Motivation entscheidend sind:
- Faktor: Autonomie des oder der Handelnden
- Faktor: Die Möglichkeit, sich zu verbessern („Mastery“)
- Faktor: Die Sinnhaftigkeit einer Aufgabe („Purpose“)
Autonomie ist deshalb so wichtig, weil Menschen nur dann Erfolge als motivierend empfinden, wenn es ihre eigenen Erfolge sind. Das braucht Freiräume. Führungskräfte sollten sich daher darauf beschränken, einen Ziel- oder Handlungsrahmen festzulegen und starre Fahrpläne vermeiden. Eigene Erfolge erzeugen intrinsische Motivation und die ist deutlich wirkungsvoller als die extrinsischen Antreiber. Wer daraus eine Haltung, eine Firmenkultur entwickelt, sorgt zudem für eine nachhaltige Motivation der Mitarbeiter.
Die Lust, besser zu werden
Mastery oder anders ausgedrückt, das Bedürfnis besser zu werden, gewissermaßen über sich selbst hinauszuwachsen, ist ein urmenschliches Bedürfnis, wie der Neurobiologe Gerald Hüther betont. Unser Gehirn ist dazu gemacht zu lernen. Und je mehr Möglichkeiten wir dazu haben, umso besser werden wir. Dazu gehört allerdings auch eine Fehlerkultur. Wer immer nur versucht, Fehler zu vermeiden, kann nicht besser werden, denn er umgeht damit den lernrelevanten Grenzbereich. Und „Purpose“, die Sinnhaftigkeit ist schließlich das Salz in der Suppe unserer Arbeit.
So mancher fragt sich von Zeit zu Zeit: „Was macht mein Job hier eigentlich für einen Sinn?“ Und es ist gut, sich gelegentlich diese Frage zu stellen. Der amerikanische Unternehmer und Autor Max de Pree („Leadership is an Art“) stellte seinen Mitarbeitern von Zeit zu Zeit die Fragen: „Wie wichtig sind Sie für dieses Unternehmen?“ Und „Wie wichtig ist dieses Unternehmen für Sie?“
Die richtigen Bedingungen schaffen
Sinn fragt nach der Vision, dem Ziel und auch nach den Werten, auf denen unser Handeln beruht. Nicht zuletzt hier setzt nachhaltige Motivation an. Gerade deshalb geht es auch im Projektmanagement nicht ohne Motivation. Wer meint, sich als Führungskraft darüber keine Gedanken machen zu müssen, der verkennt, dass gute Leistung immer motivationalen Antrieb voraussetzt. Um hier Missverständnissen vorzubeugen: Führungskräfte sind nicht für die Motivation ihrer Mitarbeiter zuständig. Sie sind aber dafür zuständig, Bedingungen zu schaffen, in denen Motivation möglichst nachhaltig entstehen kann. Wenn ihnen das gelingt, haben sie viel erreicht.
Über den Autor
Dr. Constantin Sander hat acht Jahre Forschung und neun Jahre Marketing und Vertrieb als Background. Er ist Business-Coach in Regensburg. Sein Buch „Change! Bewegung im Kopf“, ist im Verlag Business-Village erschienen.
Dieser Artikel wurde im BILDUNGaktuell-eMagazin 01/2012 veröffentlicht.