Beziehungen aufbauen: Gute zwischenmenschliche Beziehungen sind keine Glückssache

Beziehungen_aufbauen

Gute Beziehungen aufbauen und aufrechterhalten, kann man lernen. Welche Strategien dabei helfen, weiß Todd Davis. Er ist bei FranklinCovey als Chief People Officer und Executive Vice President tätig. Dieser Text ist ein Auszug aus der Buchzusammenfassung von getAbstract, einem der weltweit größten Anbieter von Sachbuch-Zusammenfassungen. getAbstract findet, bewertet und fasst relevantes Wissen zusammen und hilft Menschen so, beruflich und privat bessere Entscheidungen zu treffen.

Kompetente Mitarbeiter zu finden, ist für Unternehmen nur die eine Hälfte des Problems. Die zweite ist, dass die Mitarbeiter produktiv zusammenarbeiten können. Gute zwischenmenschliche Beziehungen sind keine reine Glückssache. Sie können mithilfe bestimmter Strategien hergestellt und gefestigt werden.

Setzen Sie zum Beispiel eine andere „Brille” auf! Ihren Einstellungen sich selbst und anderen gegenüber liegen bestimmte vorgefasste Annahmen zugrunde, die sich gezielt ändern lassen. Womöglich beruhen solche Annahmen auf falschen oder falsch interpretierten Informationen und wirken sich negativ auf Ihr Handeln aus. Wenn Sie sich beispielsweise einreden, dass Sie keinen Marathonlauf durchstehen, werden Sie tatsächlich nie die Ziellinie erreichen.

Beziehungen aufbauen: Hinterfragen Sie Ihr Selbstbild

Wenn Sie aber Ihr Sehen, Denken, Fühlen und Tun neu bewerten, indem Sie etwa die „Das schaffe ich nicht”-Brille durch die „Ich kann das”-Brille austauschen, kann das eine Kettenreaktion auslösen. Und das nicht nur bei Ihnen selbst: Durch den Paradigmenwechsel sehen Sie auch die Stärken und Fähigkeiten der anderen in völlig neuem Licht. Was wiederum dazu führen kann, dass diese anderen ihr Selbstbild überdenken – und vielleicht plötzlich an sich zu glauben anfangen.

Hinterfragen Sie jedenfalls Ihr Selbstbild und das Bild, das Sie von anderen haben. Womöglich sind Sie gar nicht der rein ergebnisorientierte Typ ohne Händchen fürs Zwischenmenschliche, für den Sie sich halten. Und womöglich ist die brüske, besserwisserische Kollegin in Wahrheit unsicher und braucht nur ein wenig Unterstützung, vielleicht ein Coachinggespräch.

Machen Sie sich in Fühlen und Handeln möglichst unabhängig von äußeren Umständen

Manches können wir nicht steuern – etwa das Wetter. Es liegt aber an uns, ob wir uns von einem Regenschauer verdrießen lassen – oder ob wir gelassen bleiben und sozusagen unser eigenes Wetter mitbringen. Daher die zweite Strategie: Machen Sie sich bewusst, dass Sie frei entscheiden können, wie Sie auf die Umstände reagieren. Wer unüberlegt reagiert und sich als ohnmächtig erleidend wahrnimmt, übersieht womöglich die in der Situation liegenden Chancen.

Statt sich also still darüber aufzuregen, dass die neue Kollegin mehr verdient als Sie, sollten Sie lieber ein offenes Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten suchen und sich um eine Gehaltserhöhung bemühen. Kurz: Private und berufliche Herausforderungen lassen sich souveräner meistern, wenn Sie sich in Fühlen und Tun von äußeren Faktoren möglichst unabhängig machen.

Verhalten Sie sich glaubwürdig, indem Sie an Ihrer Kompetenz arbeiten und Verantwortung zeigen

Genauso wie wir unser eigenes Wetter machen können, haben wir auch Einfluss auf unsere Glaubwürdigkeit. Dabei helfen folgende Strategien:

» Zeigen Sie Charakter und Kompetenz: Charakter beweisen sie, indem Sie sich verantwortungsbewusst, integer und umsichtig verhalten. Um kompetent zu wirken, braucht es hingegen Erfahrung und Können. Um diese zu erlangen, müssen Sie bereit sein, sich ständig zu verbessern.
» Denken Sie langfristig: Glaubwürdigkeit fällt nicht vom Himmel, sondern muss hart erarbeitet werden. Nur indem Sie entsprechendes Verhalten über einen langen Zeitraum hinweg verlässlich zeigen, verdienen Sie sich das Vertrauen Ihrer Mitmenschen.
» Zeigen Sie sich flexibel: Sie gewinnen an Glaubwürdigkeit, indem Sie sich in einer für Sie neuen Situation zunächst fragen, was diese erfordert, bevor Sie nach alten Mustern handeln, die vielleicht in früheren Situationen angemessen waren, aber in der gegebenen Lage nicht funktionieren.

Seien Sie sich Ihrer verschiedenen Rollen bewusst und gestalten Sie sie

Stärken Sie außerdem Ihre Beziehungen, indem Sie Ihren verschiedenen Rollen gerecht werden. Jeder nimmt in seinem Leben viele Rollen ein – etwa als Mitarbeiter, Vater, Kind, Freund oder Coach. Reflektieren Sie, welche Rollen Sie im Moment einnehmen, und entscheiden Sie dann, welche Priorität Sie den einzelnen Rollen zumessen wollen. Grundsätzlich ist es möglich, sowohl den privaten als auch den beruflichen Funktionen gerecht zu werden. Wer sich jedoch zu viele Rollen aufbürdet, wird schnell an seine Grenzen stoßen. Dann sollten Sie sich von einigen trennen, beispielsweise von einem zeitraubenden Hobby. Seien Sie sich Ihrer wichtigsten Rollen stets bewusst, reservieren Sie aber Ihre volle Aufmerksamkeit vor allem für die Rolle, die sie gerade dringend benötigt.

Eine Rolle ist dabei nicht als Funktion zu verstehen, sondern vielmehr als Identität, die von Ihren Werten und Charakterzügen geprägt ist. Verfassen Sie für jede Ihrer Rollen ein Leitbild, in dem Sie beschreiben, wie Sie die Rolle ausfüllen möchten: Als Freundin wollen Sie etwa geduldig und unvoreingenommen sein, als Managerin ein gutes Vorbild. Vergessen Sie dabei nicht eine der wichtigsten Rollen: sich selbst. Nur wer sich selbst achtet, kann auch für andere da sein.

Ebenfalls förderlich für Ihre Beziehungen ist es, das Potenzial Ihrer Mitmenschen wahrzunehmen – im Setzling bereits den Baum zu sehen. Ermutigen Sie sie, bekräftigen Sie sie in Ihren Entschlüssen. Trauen Sie ihnen zu, auch ohne Ihre Hilfe schwierige Aufgaben zu bewältigen.

Lassen Sie sich nicht durch dringende Aufgaben von den wichtigen abhalten

Hüten Sie sich vor dem „Flipper-Syndrom”, bei dem Sie immer nur die dringenden Sachen erledigen statt die wichtigen. Wie am Flipperautomaten fordern auch im Alltag bestimmte Dinge besonders lautstark Ihre Aufmerksamkeit ein. Die erledigen Sie zuerst und fühlen sich gut – ohne darüber nachzudenken, ob die Aufgaben nun wirklich wichtig oder einfach nur dringlich waren. Dem wirken Sie entgegen, indem Sie sich Ziele setzen, die Ihnen tatsächlich wichtig sind, und indem Sie Ihre Prioritäten sorgfältig auswählen. Außerdem helfen folgende Maßnahmen:

» Schaffen Sie in Ihrem Kalender möglichst viel Freiraum für unvorhersehbare Probleme oder für Dinge, die wichtig, aber nicht dringlich sind.
» Lassen Sie am Abend den Tag Revue passieren und überlegen Sie, was Sie morgen besser machen können.
» Rechnen Sie damit, dass Kollegen mit dringlichen Anliegen und unliebsamen Überraschungen auf Sie zukommen werden. Überlegen Sie sich vorher, wie Sie darauf reagieren werden.

Denken und handeln Sie kooperativ

Auch eine Win-win-Denkweise macht Sie zu einem besseren Mitmenschen: Oft wurden wir schon als Kind auf Wettbewerb getrimmt – auf eine Win-lose-Denkweise, bei der wir die Welt als Kuchen sehen, von dem wir uns ein möglichst großes Stück sichern müssen. Welche Denkweise wir pflegen, hängt auch von unserer charakterlichen Reife ab. Die lässt sich in drei aufeinanderfolgende Stadien einteilen:

» Abhängigkeit: Hier machen wir andere für unser Wohlergehen verantwortlich. Das ist legitim, solange wir Kinder sind – oder auch, wenn wir als Erwachsene in eine neue Aufgabe hineinwachsen müssen. Ansonsten läuft diese Denkweise auf eine Opfermentalität hinaus.
» Unabhängigkeit: Hier entdeckt der Mensch den eigenen Beitrag zu seinem Fortkommen und beginnt, sich als Schmied seines Glückes zu betrachten. Viele halten dies für das höchste Reifestadium, was jedoch nicht stimmt.
» Interdependenz: Hier denken wir kooperativ und kombinieren die eigenen Fähigkeiten mit denen unserer Mitmenschen, um gemeinsam mehr zu erreichen. Für eine Win-win-Konstellation gilt es, Mut und Rücksicht ins Gleichgewicht zu bringen, sich also weder zu sehr in den Vordergrund zu drängen noch ganz zu verstecken.

Achten Sie auf den Saldo Ihrer Beziehungskonten

Unsere Beziehungen ähneln einem Bankkonto: Wir zahlen Guthaben ein, zum Beispiel in Form von loyalem, respektvollem Verhalten. Dadurch bauen wir einen positiven Saldo auf: Vertrauen, Wohlwollen und uneigennütziges Engagement vonseiten unserer Mitmenschen. Mit respektlosem oder uneinsichtigem Verhalten hingegen heben wir Guthaben ab. Um immer im Plus zu bleiben, sollten Sie Folgendes berücksichtigen:

» Stellen Sie niemals das Abheben in den Vordergrund. Beziehungen als Mittel zum Zweck weisen schnell einen negativen Saldo auf, der sich schwer wiedergutmachen lässt.
» Beachten Sie die verschiedenen Wertmaßstäbe: Was für den einen eine Einzahlung darstellt, kann für den anderen ein Abheben bedeuten. So interpretieren manche Menschen gut gemeinte Ratschläge als Kritik.
» Teilen Sie Ihren eigenen Wertmaßstab mit: Sagen Sie anderen, welche Verhaltensweisen Sie als Einzahlung ansehen.
» Finger weg von Falschgeld: Falsche Komplimente oder übertriebene Aufmerksamkeiten bewirken oft das Gegenteil von dem, was eigentlich beabsichtigt war.
» Zahlen Sie regelmäßig kleinere Beträge ein: Meist sind es nicht einzelne große, sondern viele kleine Einzahlungen, die bei den anderen Vertrauen aufbauen.
» Entschuldigen Sie sich für Fehler: Ehrlich gemeinte Entschuldigungen können Abhebungen nachträglich in positive Einzahlungen umwandeln.

Legen Sie sich über Ihre wahren Motive Rechenschaft ab

Solange Sie Ihre wahren Beweggründe nicht kennen, handeln Sie womöglich gegen Ihre eigentlichen Zwecke, werden Ihren Werten untreu oder fühlen sich fälschlicherweise ungerecht behandelt. Um Ihre eigentlichen Motive zu ergründen, können Sie sich der 5-Warum-Technik bedienen. Dabei fragen Sie sich mit Blick auf eine Handlung fünfmal „Warum?“, wobei die zweite Frage sich auf die Antwort der ersten bezieht usw.

Um egoistische Motive in gemeinschaftsdienliche zu verwandeln, hilft es, wenn Sie sich eine Überflussmentalität zu eigen machen. Denn wer glaubt, dass alles nur begrenzt vorhanden ist – also auch Lob, Anerkennung und Liebe – ist durch Angst motiviert. Stellen Sie sich also vor, alles sei unbegrenzt vorhanden. So können Sie sich leichten Herzens über die Erfolge anderer freuen, Lob und Anerkennung verteilen, ohne dass Ihr Selbstwertgefühl darunter leidet.

Übrigens sollten Sie Ihre Mitmenschen aktiv über Ihre Motive aufklären. So schaffen Sie Vertrauen und vermeiden Missverständnisse.

Hören Sie mehr zu, statt selbst zu reden, und versuchen Sie, den anderen wirklich zu verstehen

Die Neigung, mehr zu reden als zuzuhören, kann durchaus altruistische Wurzeln haben. Wir haben ein natürliches Bedürfnis, Probleme zu lösen. Dieses Bedürfnis empfinden wir auch in Bezug auf die Probleme anderer, sprich, wir wollen ihnen helfen. Auch neigen wir oft zum „autobiografischen Zuhören“: Wir sehen das Gesagte im Licht unserer eigenen Ansichten und versuchen, Verbindungen zu unseren Erfahrungen herzustellen. Das führt schnell zu Missverständnissen oder zu ungebetenen Ratschlägen.

Nehmen Sie sich lieber zurück und hören Sie urteilslos zu. Schenken Sie Ihre volle Aufmerksamkeit dem, was Ihr Gegenüber gerade sagt, und geben Sie erst dann Rat, wenn Sie den anderen verstanden haben. Bei alldem kommt es vor allem auf Ihre Einstellung an. Echtes Interesse am anderen ist unabdingbar. Wenn Sie Ihrem Gegenüber dessen Empfindungen zurückspiegeln und Empathie an den Tag legen, kann das Wunder wirken.

Schenken Sie Vertrauen und seien Sie offen für Feedback

Vertrauen ist das Fundament jeder Beziehung. Leider ist es nicht immer leicht, anderen zu vertrauen. Dabei ist es ratsam, grundsätzlich eine hohe Vertrauensbereitschaft an den Tag zu legen. Wenn Sie wissen möchten, ob Sie Ihrem Gegenüber vertrauen können, fragen Sie sich Folgendes:

» Auf was genau soll sich das Vertrauen beziehen? Auf eine geschäftliche Transaktion? Die Erledigung einer Aufgabe? Ihre Sicherheit? Oder auf den Bund fürs Leben?
» Wie schwerwiegend wären die Folgen, falls Ihr Vertrauen enttäuscht würde?
» Ist die Person glaubwürdig – also ehrlich, verlässlich und kompetent?

Bei geringem Risiko und hoher Glaubwürdigkeit können Sie der Person Ihr Vertrauen bedenkenlos schenken. Bei hohem Risiko und geringer Glaubwürdigkeit ist hingegen Vorsicht geboten. Damit andere Ihnen vertrauen, braucht es manchmal Beharrlichkeit. Suchen Sie das Gespräch – etwa indem Sie fragen, was Sie tun müssen, damit die Person Ihnen vertraut.

Ebenfalls wichtig für gute Beziehungen: Lassen Sie ehrlich gemeintes Feedback zu. Feedback ist nützlich und ein wichtiger Baustein der eigenen Weiterentwicklung. Folgende Punkte helfen Ihnen, offener für Feedback zu werden:
» Setzen Sie voraus, dass der andere nur Ihr Bestes im Sinn hat und dass die Rückmeldung kein persönlicher Angriff ist.
» Fordern Sie Feedback ein. Bitten Sie andere, konkrete Dinge zu benennen, die Sie künftig verbessern könnten. Gehen Sie dabei nicht in Abwehrhaltung und vermeiden Sie Fishing for Compliments.
» Bewerten Sie das erhaltene Feedback
objektiv.
» Beherzigen Sie das Feedback und seien Sie bereit, es ggf. umzusetzen. Falls Sie etwas nicht umsetzen, erklären Sie dem anderen, warum.

Konzentrieren Sie sich auf den Input und üben Sie sich in Demut

Ergebniskennzahlen wie Schulnoten, Quartalsumsätze oder die Zahl auf der Badezimmerwaage prägen unser Leben. Sie messen den Output, der nach einem Prozess zu sehen ist. Doch wenn sie vorliegen, heißt das, dass wir keinen Einfluss mehr auf sie haben. Was wir beeinflussen können, ist der Input – und zwar anhand von Frühindikatoren. Ein Frühindikator zur Verbesserung der Ergebniskennzahl „Gewicht“ wäre beispielsweise die Anzahl vermiedener Donuts. Dabei gibt es meist einen Frühindikator, der zentral ist, um Ihren Output maßgeblich zu verbessern. Versuchen Sie, diesen Frühindikator herauszufiltern.

Nicht zuletzt profitieren Ihre Beziehungen von Demut, die fundamentalste aller Charaktereigenschaften. Ein demütiger Mensch bezieht sein Selbstwertgefühl nur aus sich selbst und nicht aus äußeren Faktoren. So kann er sich Fehler eingestehen und seine Energie produktiv einsetzen.

Im beruflichen Kontext wird das Wort jedoch kaum verwendet. Demut wird hier mitunter sogar als Schwäche ausgelegt. Das ist aber ein Fehler: Demütige Menschen fürchten sich nicht davor, Fehler zu machen und neue Wege zu gehen. Und genau dadurch entstehen Innovationen. Demut verstärkt alle anderen beschriebenen Strategien und trägt entscheidend zu ihrem Erfolg bei. Eignen Sie sich Demut also als Grundlage an, bevor Sie die restlichen Strategien umsetzen.

Dieser Text ist ein Auszug aus der Buchzusammenfassung von getAbstract, einem der weltweit größten Anbieter von Sachbuch-Zusammenfassungen. getAbstract findet, bewertet und fasst relevantes Wissen zusammen und hilft Menschen so, beruflich und privat bessere Entscheidungen zu treffen.