Bitte nicht stören! Wie Sie sich in der Arbeit störungsfreie Zonen schaffen und besser konzentrieren können, analysiert Dr. Marco von Münchhausen.
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen auf der Terrasse eines gediegenen Wellnesshotels und wollen in Ruhe ein paar lange hinausgeschobene Briefschulden begleichen. Doch alle paar Minuten kommt jemand, erst der Kellner, dann eine lange nicht gesehene Freundin, dann der Sohnemann. So langsam kommen Sie sich vor wie in dem bekannten Loriot-Sketch: Der Gast, der eine Kalbshaxe verspeisen will und nicht dazu kommt, weil er ständig gefragt wird: „Schmeckt´s?“
Wie der Gast nicht zum Essen kommt, so können auch Sie Ihre Briefe nicht schreiben … und nicht viel anders geht es vielen Menschen Tag für Tag: Sie können sich nicht mehr konzentrieren, weil sie ununterbrochen unterbrochen werden. Muss das auf Dauer so bleiben? Nicht unbedingt. Denn es ist nicht so, dass wir den Zustand der Konzentration nur in Phasen höherer Erleuchtung erlangen – wir können ihn aktiv herstellen. Und das ist gar nicht so schwer – letztlich braucht es dafür zwei wichtige Voraussetzungen:
1. Besser konzentrieren: Schaffen Sie einen Magneten
Eine Vielzahl von Dingen kämpft permanent um unsere Aufmerksamkeit. Dem muss aktiv etwas entgegengestellt werden – ein Ziel, das wie ein Magnet unsere Gedanken anzieht und sie gleichzeitig davon abhält, auf der Suche nach anderen Reizen zerstreut umherzuwandern. Der Grund: Bilder haben auf unser Gehirn eine mindestens zehnfach stärkere Wirkung als Worte oder Begriffe.
Dabei gilt: Je klarer definiert, je genauer das Bild von Ihrem Ziel ist, desto größer ist dessen Magnetkraft. Nehmen Sie sich zum Beispiel konkret vor: Montag, 9.00 – 10.30: zehn Kunden anrufen – und notieren Sie sich diese zehn Kunden auf einer Liste. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie gegen 10.30 dann tatsächlich mit Kunden telefoniert haben, ist hoch – wesentlich höher jedenfalls, als wenn in Ihrem Kalender nur ganz pauschal Montag – Kundenpflege stünde.
2. Störungen abblocken
Bei der zweiten Voraussetzung geht es darum, sämtliche Störungen und ablenkenden Reize auszuschließen, und zwar die äußeren (Kommunikationsmittel und die lieben Mitmenschen, um nur mal die wichtigsten zu nennen) genauso wie die inneren (Sorgen, Ängste, Tagträume). Unterbrechungen schaden nicht? Irrtum! Vergleicht man den Einfluss von Unterbrechungen auf das Arbeitsergebnis mit der Wirkung von Drogen, dann würde wohl kaum einer darauf kommen, dass Unterbrechungen für die Arbeit schädlicher sind als Marihuana.
Genau zu diesem Ergebnis führte ein Experiment am Londoner King´s College: Eine Gruppe, der man Marihuana verabreichte, schnitt bei mittelschweren Aufgaben besser ab als die nüchterne Gruppe, die aber dauernd unterbrochen wurde. Ohne diese Unterbrechungen waren sie der „Drogengruppe“ klar überlegen. Konzentration erfordert also störungs- und unterbrechungsfreies Arbeiten. Das funktioniert nicht immer gleich gut, aber in beinahe allen Lebenssituationen gibt es die Möglichkeit, mal für ein oder zwei Stunden unerreichbar zu sein. Und dann gilt:
- Handy aus!
- Keine E-Mails und kein Social Media!
- Keine Störungen durch Kollegen, Freunde oder Familie!
Probieren Sie es einfach mal aus – Sie werden überrascht sein, wie viel Sie in einer Stunde konzentrierter Arbeit erledigen können.
Dr. Marco von Münchhausen studierte Jura, Psychologie und Kommunikationswissenschaften. Heute hält der gefragte Redner und Coach europaweit Vorträge und Seminare zu den Themen Work-Life-Balance, Selbstmotivation, Selbstmanagement im Alltag und die Aktivierung persönlicher Ressourcen.
BILDUNGaktuell-Tipp: Dr. Marco von Münchhausen hält am 26.1.2016 auf der LEARNTEC 2017 den Vortrag „Die Kraft der Konzentration: Wie wir lernen, wieder ganz bei der Sache zu sein”. Mehr Infos zur LEARNTEC 2017